Neue Weideflächen für Schafe, um den Biotopverbund zu stärken – das hat sich der Landschaftspflegeverband Westsachsen zum Ziel gesetzt und im letzten Jahr das Projekt „Schafe unter Strom“ ins Leben gerufen. Wie nahe das Projekt dem Ziel inzwischen gekommen ist, erfahren Sie hier.
Für das Projekt „Schafe unter Strom“ haben sich Mitte März alle Projektbeteiligten direkt nördlich der A4 an der Grenze des Landkreises Zwickau und der Stadt Chemnitz getroffen. Die Mulcharbeiten waren anberaumt, für ein Projekt, das bislang nur auf dem Papier stand. Birken, Fichten und Brombeergestrüpp mussten einem Forstmulcher weichen, zurück blieb eine kahle Fläche – der Beginn für etwas Neues.
Entgegen einiger Bedenken gab es keine undurchdringliche Mulchauflage auf dem Boden, sondern gut in die Erde eingearbeitete Holzreste. Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich die zukünftigen Weiden bald von selbst begrünen und eine gute Futterquelle für die Schafherde bieten, die im Sommer zum ersten Mal unter den Stromleitungen entlang ziehen soll.
Seit Projektbeginn ist der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz ein wichtiger Partner, um die „Schafe unter den Strom“ zu bringen. Durch gute Zusammenarbeit und die Initiative des Unternehmens, das ökologische Schneisen-Management auf ihren Trassen zu fördern, kann nun der erste Projektabschnitt verwirklicht werden. In der Zwischenzeit sind auch weitere Partner dazugekommen: Die Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH (MITNETZ STROM) betreibt Mittelspannungsleitungen im Landkreis und hat sich bereit erklärt, im Bereich Kühler Morgen ebenfalls einen Teil einer Leitung zu mulchen, um diese für die Beweidung zur Verfügung zu stellen. Erfreulicherweise hat das Unternehmen auch einen Umweltfonds aktivieren können, sodass noch weitere Bereiche als Weide folgen dürften.
Außerdem wird es wahrscheinlich eine Kooperation mit dem Gastrassenbetreiber ONTRAS Gastransport geben, dessen Leitungen parallel zur A4 verlaufen und die mehrere Projektflächen miteinander verbinden. Da diese Flächen ebenfalls regelmäßig freigehalten werden müssen, bietet sich eine Bewirtschaftung mit Schafen an: so gibt es nicht nur zusätzliche Projektflächen, sondern auch Verbindungsachsen, die Schafe und Schäfer stressfrei nutzen können und die im Sinne des Biotopverbundes funktionieren.
Um die durch die Beweidung verursachten Effekte zu erforschen, wird die TU Dresden in Zusammenarbeit mit dem Hellriegel Institut im Frühling 2021 mit einem Monitoring beginnen. Untersucht wird, wie sich die Vegetation entwickelt und welche Vögel und Insekten durch die Bewirtschaftungsänderung die Weideflächen besiedeln. Das Monitoring wird bis zum Projektende weiterlaufen und einen spannenden Einblick in die Entwicklung der Projektflächen ermöglichen.
Zum Projekt gehören nicht nur die Beweidung, sondern auch Biotop-Einrichtungsmaßnahmen, um einer größeren Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten einen Platz zu bieten – die zunehmende Strukturarmut in der Landschaft verdrängt viele Spezies, die auf unseren Projektflächen einen vielseitigen Lebensraum vorfinden. Bei der Begehung des Geländes am Kühlen Morgen fiel ein kleiner Bachlauf auf, der sich durch das Projektgebiet schlängelt und von wertvollen Weidengebüschen gesäumt ist. Am Bach, als tragendes Landschaftselement orientiert, werden Teiche angelegt, die für viele Tierarten und besonders für Amphibien ein wichtiges Biotop darstellen.
Außerdem wurden bei der Begehung Heidestrukturen entdeckt, die innerhalb des Projektes ein Zielbiotop darstellen. Die vorhandenen Heidebänder, deren Entwicklung wohl durch das wiederholte Mulchen gefördert wurde, sollen sich im Projektgebiet ausbreiten. Geplant ist daher, einige der Flächen abzuschieben, d.h. einen Teil des Oberbodens zu entfernen, um die Heide zu verjüngen. Durch die Schafbeweidung wird sie auch in Zukunft optimal gepflegt und stellt somit eine wertvolle Strukturbereicherung dar.
Im Projekt selbst geht es nun auf die Suche nach weiteren Flächen im Landkreis Zwickau, um vielfältige schützenswerte Biotope miteinander zu vernetzen; dabei wird ein besonderes Augenmerk auf naturschutzfachlich wertvolle Flächen gelegt. Besuchen Sie ab Sommer 2021 die ersten Projektschafe am Kühlen Morgen.